Archive for April 26th, 2009

Gefälligkeit

Sunday, 26. April 2009

„Der Betreiber der Website revierflaneur.de ist um Fehlerfreiheit in formaler und inhaltlicher Hinsicht bemüht.” So lautet der erste Satz zur Sorgfalt meiner Texte dieses Weblogs, die ich am 27. Juli 2008 im Impressum versprochen habe.

Welche Mühen sich im Einzelnen aus diesem anspruchsvollen Vorsatz ergeben, das wird der Leser nur ermessen können, wenn er selbst einmal probiert hat, einen in jeder Hinsicht richtigen Text herauszubringen. Vom Buchstabendreher bis zum fehlenden Komma, vom falschen Fall bis zur hässlichen Wiederholung lauern Fehler und Makel in jeder Zeile. Dagegen helfen nur Wachheit und Übung, Sorgfalt und Fleiß – und selbst damit kommt man nicht ins Ziel, denn bekanntlich ist man leider oft blind für die eigenen Versehen. So kann ich mich glücklich schätzen, dass eine ausgezeichnete Korrektorin jeden einzelnen meiner Texte unmittelbar nach der Veröffentlichung auf Herz und Nieren prüft.

Ich habe es aber insofern besonders glücklich getroffen, als diese strenge Gegenleserin mein Geschreibsel nicht nur auf formale Mängel durchsieht, sondern weit darüber hinaus auch ein feines Gespür für mancherlei andere Schwächen hat. – Dafür ein Beispiel aus jüngster Zeit.

In meinem Beitrag AtD VII.10 schrieb ich gestern den Satz: „Zeitweise war ich mir beim Pynchon-Projekt vielleicht wie jemand vorgekommen, der versteckte Anspielungen reihenweise abknallt wie die Karnickel bei der Treibjagd.” Weil ich so selten „Karnickel” schreibe, ganze drei Mal bisher in diesem Weblog, musste ich der letzten Gewissheit zuliebe noch einmal im Duden nachschlagen, ob man nicht etwa „Kanickel” schreibt, ein Zweifel, der so abwegig nicht ist, da man ja auch nicht „Karninchen” schreibt. Meine gute Seele mit dem scharfen Blick und dem noch schärferen Verstand erspähte aber einen ganz anderen Lapsus: „Treibjagd macht man auf Hasen u. a., Kaninchen (im Bau lebend) jagt man mithilfe von abgerichteten Frettchen oder Raubvögeln.” (Ich lasse die „Treibjagd” bewusst im gestrigen Artikel stehen und verlinke von dort auf den heutigen, als kleine Hommage an M. C.)

Ein merkwürdiger Zufall ist, dass letzten Montag mein Freund H. F. gesprächsweise einen ganz ähnlichen Fehler monierte. Im Beitrag Schnee von gestern hatte ich geschrieben: „Mich selbst erinnern sie [meine Blog-Texte] an die Schwimmer beim Angeln, die das Anbeißen der Beute signalisieren sollen. Wenn tief unter der spiegelglatten, friedvollen Wasseroberfläche ein riesiger Raubfisch mit der Nase an den Köder stößt, dann löst er damit bloß ein ganz feines Zucken im treibenden Schwimmer aus, kaum wahrnehmbar.” Zum Angeln von Raubfischen, so mein Freund, setze man keine Schwimmer ein, die kämen nur bei Friedfischen zur Anwendung. Das stimmt zwar und es war mir ebensowenig bekannt wie die Technik der Kaninchenjagd. Aber hier möchte ich doch einwenden, dass ich ja in dieser Metapher gar nicht behauptet habe, Angler, Angel, Schwimmer und Köder hätten es auf den Raubfisch angelegt.

[Titelbild: Wilhelm Busch.]