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Ramadan

Monday, 01. September 2008

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Heute beginnt für die Muslime in Deutschland der Fastenmonat Ramadan. Erstmals haben sich alle annähernd zweitausend Moscheen, vertreten durch den Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM), auf einen einheitlichen Termin geeinigt. Mit der Morgendämmerung ist den Gläubigen das Essen und Trinken verboten, ebenso das Rauchen und der Geschlechtsverkehr. Erst nach Eintreten der Nacht darf bis zum 29. September wieder gegessen und getrunken, gequalmt und gevögelt werden.

Nun ist die Dämmerung eine etwas vage zeitliche Bestimmung, wie ja übrigens auch die Begriffe Sonnenauf- bzw. -untergang nicht ohne Weiteres exakte Zeitpunkte definieren. Ist der Sonnenaufgang jener Augenblick, in dem die Sonnenscheibe am Horizont ihr allererstes Licht aufscheinen lässt? Oder meint man mit diesem Begriff den etliche Minuten später eintretenden Zustand, wenn sie mit ihrem ganzen Rund aufgetaucht ist? „Tatsächlich ist der Moment des Aufgangs bei der Sonne definiert als der Moment, in dem die Oberkante der Sonnenscheibe den Horizont überschreitet[,] und unterscheidet sich um etwa 5 Minuten vom theoretischen Wert. Diese Zeitdifferenz, um welche die Sonne früher aufgeht, hängt mit dem scheinbaren Sonnenradius (0,5°) und der astronomischen Strahlenbrechnung (etwa 0,6°) zusammen.“ (Wikipedia)

Solchen Spitzfindigkeiten ist der Koran bewusst aus dem Wege gegangen, indem er den täglichen Fastenbeginn ganz praktisch wie folgt festlegte: „…esst und trinkt, bis ihr in der Morgendämmerung einen weißen von einem schwarzen Faden unterscheiden könnt!“ (Koran, Sure 2, Vers 187.) Im Jahre 1429 islamischer Zeitrechnung, in dem wir leben, stellt der Fadentest die Anhänger dieser Religion hierzulande allerdings vor das Problem, dass sie gewöhnlich in Räumen leben, essen, trinken, rauchen und vögeln, die nächtens künstlich beleuchtet werden. Die Glühbirnen muss man am frühen Morgen also schon ausgeschaltet lassen. Und dann erreicht das Licht der Sonne bei ihrem Aufgang die beiden Fäden nur, wenn die Fenster auf der Ostseite des Hauses liegen.

Aber vielleicht ist das ja auch Haarspalterei und auf solche Differenzen von ein paar Minuten kommt es nicht an. Dennoch scheint mir die Frage angebracht, warum der Prophet gerade zwei Fäden für diese Art Lackmustest auf den Eintritt der Dämmerung vorgeschrieben hat. Es hätten doch auch zwei Würfel oder zwei Kugeln sein können, jeweils schwarz und weiß. Ist es nicht so, dass man deren Unterschiedlichkeit eher bemerkt als die von zwei dünnen Fäden? Und offenbart sich damit nicht eine gewisse Großzügigkeit des Religionsgründers, der seinen Gefolgsleuten noch ein paar Minuten gönnen wollte vor Beginn der harten Askese?

Unmündige Kinder sind übrigens vom Fasten ausgenommen. Die Mündigkeit ist allerdings nicht auf ein bestimmtes Lebensalter festgesetzt, sondern bemisst sich danach, ob der junge Mensch über Unterscheidungsvermögen (mumayyiz) verfügt, wobei jedoch nicht gesagt ist, was er unterscheiden können soll. Mann und Frau? Gut und Böse? – Oder bloß Schwarz und Weiß?