Archive for April 6th, 2008

Spon-Junk

Sunday, 06. April 2008

Das kommt dabei heraus, wenn das ehemalige „Leit-Medium“ der Republik in seinem Online-Auftritt Spiegel online die paar Euro fuffzig für einen gründlichen Korrektor spart. Und die Leser lassen es sich gefallen, alle paar Sätze von einem lästigen Fehler irritiert zu werden, denn Focus online kann’s ja auch nicht besser und ist zudem noch boulevardesker.

Die Rechtschreibprüfung von MS Word bügelt eben längst nicht jeden Vertipper aus, und an den grammatischen Unzulänglichkeiten der Redakteure kann sie meist auch nicht viel ändern. Es ist schon krass genug, dass dergleichen in dieser Häufung vorkommt. Aber noch krasser ist, dass es keinen Schwanz mehr interessiert.

Ich habe mir mal die Mühe gemacht, als sporadischer Spon-Leser alle offenkundigen Fehler, die mir in den Spiegel-Online-Artikeln der letzten vier Wochen auffielen, aufzuspießen und dingfest zu machen. (Und dabei habe ich längst nicht alles gelesen, was da so verbrochen wurde.) Hier sind sie:

„Die abendlichen [!] Angriffswelle war bereits die vierte des Tages. Bereits am Morgen war das Viertel in zwei Angriffsserien von Mörsergeschossen getroffen geworden [!]. […] durch offensichtlich fehlgeleiteten [!] oder willkürlich abgegebenen [!] Katjuscha-Raketen tödlich getroffen […].“ – „Exil-Tibeter und Menschenrechtsgruppen haben Störmanöver bei Zeremonie [!] angekündigt.“ – „Die Rückkehr zur alten Pauschale würde dem [!] Staatshaushalt 2,5 Milliarden Euro kosten. […] Unterstützung hab [!] es hingegen von Seiten der Liberalen.“ – „,Wie [!] wollen nicht, dass die Gefangenen bleiben.‘“ – „[…] die Gläubigen auf dem Platz formten ein buntes Meer an [!] Regenschirmen.“ – „Die Kommunistische Partei, die in einem in der Welt einzigartigem [!] Experiment den Kapitalismus erlaubt […]. Auch in Maqu in Gansu habe die Regierung wieder die Kontrolle wieder [!] übernommen.“ – „Durch die Niederlage fällt Arsenal in Tabelle [!] auf den dritten Platz zurück […].“ – „[…] dass auf der Westseite des Delta [!] weitere Häfen gebaut würden.“ – „[…] man lasse doch auch ,Rolling Stone‘[!]-Mitglied Keith Richards ständig einreisen – der [!] offen zugab, gar die Asche seines verstorbenen Vaters mit Kokain geschnupft hat. [!]“ – „Zu dem Auftritt des Regierungschefs in Bari kam [!] nur neun Tage vor der Präsidentenwahl in der kleinen Adriarepublik am kommenden Sonntag.“ – „Da ließ ihn [!] Merkel über einen Regierungssprecher ausrichten, […].“ – „Tatsächlich wachsen bei vielen Demokraten Bedenken, die Partei könne gespalten werden, wenn das Duell zwischen den beiden Bewerbern lange weitergehen. [!]“ […] Clinton wirbt damit, dass sie für [!] die Stimmen der neun Staaten und Puerto Ricos kämpft, […].“ – „Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen forderte Scholz auf, einen eigenen Gesetzentwurf für einen allgemeinen Mindestlohn fallenzu [!] lassen. ,Die ganz große Mehrheit‘ der Tarifparteien wolle keinen staatlich festgelegten Einheitslohn, weil er Arbeitslosigkeit bringe, sagte [!] der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. […] Allerdings erwarte er [Glos], dass die SPD die Debatte im Wahlkampf weiterführt [!], weil sie das Thema als [!] Propagandagründen braucht. […] Es sei es [!] gut, dass viele Branchen bisher der Versuchung widerstanden hätten, [..].“ – „Eine schlechte Verwaltung, die in viele [!] Ecken des Landes gar nicht ankommt. […] Ich weiß, dass in vielen europäischen Metropolen einen [!] Debatte über die Afghanistan-Mission tobt. – „Fawcett zufolge hatte sie selbst zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ihre Familie und Freunden [!] darüber informiert. Die Schauspielerin beschwerte sich laut ,Los Angeles Times‘ bei einem ihrer [!] behandelnden Ärzte“ – „Er könne sich Gore als Experte [!] im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel vorstellen.“ – „Die Regierung in Peking ordnete zudem an, die Propaganda gegen den Dalai Lama, den im Exil lebenden geistlichen [!] Oberhaupt der Tibeter, zu verschärfen.“ – „Die Exil-Tibeter sprechen dagegen von etwa 140 Toten und Hunderten [!] Festnahmen.“ – „Im wohl spektakulärsten Gerichtsverfahren der deutschen Wirtschaftsgeschichte wollen sie endlich nachweisen, dass die Telekom sie bei ihrem dritten Börsengang mit einem geschönten Verkaufsprospekt geködert hat – einen [!] Vorwurf, den die Deutsche Telekom zurückweist. – „Als der [Scheich von Dubai] 2006 sechs US-Seehäfen kaufen wollte, war Hillary Clinton eine der schärfsten Kritiker [!] des Deals, […].“

Als Abonnent würde ich wohl kündigen. Da aber die Online-Version solcher Stümpereien kostenlos ist, kommt es ja nicht drauf an. Dass mit dieser penetranten Nachlässigkeit in Fragen schriftsprachlicher Richtigkeit ein beträchtlicher Flurschaden angerichtet wird, zumal bei jugendlichen Lesern, die durch die unsägliche Rechtschreibreform ohnehin verunsichert sind, das interessiert die Macher des Montagsmagazins offenbar nicht die Bohne. Ein Trauerspiel!

Textaufgabe

Sunday, 06. April 2008

Gespräch des Paares nach der Fete bei entfernten Bekannten, lauter fremde Leute. „Die Blonde mit dem roten Halstuch war ja furchtbar nervig.“ – „Und ihr Freund hat rumgeflirtet wie ein Weltmeister.“ – „War das ihr Freund? Eher doch ihr Sohn!“ – „Naja, so viel älter war sie aber auch wieder nicht.“

„Der Rothaarige mit den Segelohren, der zuletzt den DJ machte, kam mir von irgendwoher bekannt vor.“ – „Das ging mir auch so. Von der Uni?“ – „Könnte sein. Bestimmt ein Be-We-Eller.“ – „Oder Jurist.“

„Das schwule Pärchen war aber doch wirklich süß, oder?“ – „Ja, wie die sich zankten! Wie ein älteres Ehepaar.“ – „Worum ging’s eigentlich? – „Der eine wollte noch woanders hin und der andere wollte lieber bleiben, wenn ich’s richtig verstanden habe.“ – „Vielleicht hatte der ein Auge auf dich geworfen?“ – „Ne, eher schon auf den Freund von der Blonden.“

„Alles in allem war’s jedenfalls ein netter Haufen.“ – „Stimmt! Schön bunt gemischt.“ – „Hast du den Wecker gestellt?“ – „Ne, mach ich jetzt.“ – „Schlaf gut.“ – „Träum schön.“

Frage: Ist es zulässig, Menschen nach oberflächlicher Bekanntschaft auf solche nebensächlichen Äußerlichkeiten wie Kleidungsstücke, ihr Alter, körperliche Auffälligkeiten, berufliche oder sexuelle Orientierungen zu reduzieren? Hört der Spaß nicht spätestens bei dem „schwulen Pärchen” auf? Und nähert sich das Gespräch damit gefährlich jener schablonenhaften Bewertung von Menschen, die in letzter Konsequenz zur Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten führt?