Archive for the ‘Märchen’ Category

Protected: Timeless Flight

Tuesday, 01. March 2011

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Unschreibbare Romane (IV)

Sunday, 07. November 2010

dasvollkommeneglueckdesbeginnens

Wer waren doch gleich noch die drei größten „Stars“ des Zwanzigsten Jahrhunderts? Keine Frage: Adolf Hitler, John Lennon und ich. In dieser Reihenfolge, versteht sich. Ich bin schließlich nicht größenwahnsinnig. Da ich eine Frau bin, wird man verstehen, dass ich nicht ablehnen konnte, mich auf dieses Stüfchen zu stellen, wenngleich ich beanspruche, auf Platz zwei zu gehören. (Wem Platz eins gebührt, das weiß ich nicht, soll ’s meinetwegen Helmut Schmidt entscheiden. Der schäggige Adi aber auf keinen Fall!)

[Der folgende Absatz ist Robert Walser gewidmet:] Ich habe gerade gespürt, dass ich dem Wörtlein ,Stüfchen‘ einige Sympathiemoleküle abmelken kann, einfacher gesagt: Ich mag ’s! ,Stüflein‘ ist ein Wörtchen, über das man zwar stolpert, ohne jedoch allzu hart zu fallen. Im Gegenteil, das Stolpern über Stüfchen verschafft einen völlig ungefährlichen kitzelkleinen auffrischenden Nervenschwips, der es erlaubt, die nun unmittelbar folgenden Ereignisse zum Sturm im Wasserglas zu bagatellisieren, aus ihnen somit dermaßen liliputanisch kleine Phänomene zu miniaturisieren, dass sie nahezu nicht mehr erkennbar, schon gar nicht haftbar zu machen  sind, nachdem sie merklich unbemerkt durch allerfeinste tonlos gluckernde Gullylöcher flutschten. Spurenelemete der Vorboten einer Krise? Ach was, die haben wir längst schon futschgelutscht!

Das lassen wir uns nun auf der Zungenspitze zergehen. Immerhin haben wir uns wieder eingekriegt, und das gar auf dem Eisgipfel unserer Unverfrorenheit. Nun ab Marsch durch die Mitte und hinauf in den Abgrund! – So will ich denn von meiner Jugend erzählen. Schule? Das war der Ort, wo uns alte Männer gegenüberstanden, die uns verkündeten – während wir gerade an das absolute Gegenteil dachten –, dass wir uns in den kommenden Wochen, gar Monaten mit dem Besuch der alten Dame würden beschäftigen müssen. Nach dieser schlimmstmöglichen Drohung fühlten wir uns dürr und matt. (Wir hätten den Namen des Autors vermutlich auch so erraten.)

Ob ich sonst noch Probleme habe? Das nicht; aber ich weiß den kürzesten Weg von hier zur Antwort auf die Frage, die man dort erst erfährt. (Jedenfalls dann, wenn jemand vorausläuft, die Frage zu erfragen und mir umgehend verschweigt, wie sie denn lautet.) Und übrigens hasse ich Interviews, die nicht ohne Fragen auskommen. Ein aktuelles Zauberstichwort lautet ,Perspektiv-Wechsel‘. Dann versuchen wir ’s doch mal mit einer dummen Frage! Ist es denn so schwer, Personen, statt sie durch dumme Fragen zu plätten, mit dummen Aussagen zu dann vielleicht unebneren Antworten zu reizen? Mit der anglo-amerikanischen Gattungsbezeichnung Interview konnte ich noch nie viel anfangen.  Die in diesem Dialog stattfindende Intervention soll doch nicht auf ein Dazwischen zielen, sondern auf ein Darüberhinaus.  Darum bleibt fragenswert, ob es sich bei diesem Zufallsfund nicht um einen Ankerpunkt für die Literatur des 21. Jahrhunderts handelt, dessen viel versprechende Möglichkeiten nur leider vorläufig erstickt wurden im engmaschigen Strickmuster eines langweiligen Pingponspiels, nach dem immergleichen binären, bipolaren, bilateralen Schema: „Frage?“ – „Antwort!“ – „Frage?“ und so weiter bis zum „Dankeschön, der Ball ging neben die Platte!“

Um trotzdem den Blick auf diese vielversprechende Innovation zu lenken, die zwar streng genommen natürlich nichts andres ist als eine Reanimation des dramatischen Dialogs, taufte ich mein neues Arbeitsprojekt kurzerhand auf den unverdächtigen Namen Zwiesprachen und begann stehenden Hinkefußes mit der konzentriert-dislozierten Arbeit an dieser Einvernahme. (Wenn ich mich von diesem Schreck erholt habe, melde ich mich wieder zum brandwundigen Thema dieses Beitragsstrangs.)

[Fortsetzung folgt.]

Unschreibbare Romane (III)

Wednesday, 23. December 2009

flammen

Einer der vielen Romane, die ich immer schon mal schreiben wollte, ist jener von dem spröden Mann, der mit seiner Hündin in einem maroden Häuschen am Waldrand lebt und seinen Unterhalt mit der Reparatur defekter Elektrogeräte bestreitet. Seine Kunden wissen nichts über seine Herkunft und seine Vergangenheit, wer immer versucht hat, ihn danach auszufragen, stieß auf hartnäckiges Schweigen. Allenfalls murmelte er sich etwas in den Bart von der Art, das sei doch wenig interessant und er müsse nun auch sogleich wieder an seine Arbeit.

Nur die ältesten Bewohner der Kleinstadt, in der sich dies zuträgt, können sich noch daran erinnern, dass das Haus in grauer Vorzeit leer gestanden hat, dass schon darüber nachgedacht worden war, ob man es nicht einfach abreißen könne. Doch dann sei plötzlich der jetzige Bewohner auf der Bildfläche erschienen und habe anhand einiger alter Urkunden bewiesen, dass er und niemand sonst rechtmäßiger Besitzer des Hauses sei. Er gedenke, es so weit wieder herzurichten, dass er darin wohnen könne und bis auf Weiteres an Ort und Stelle sein Auskommen zu suchen.

Nachdem sich die Aufregung über diesen plötzlichen Neubürger und sein befremdlich scheues Gebaren gelegt hatte, wandte sich der Klatsch wieder anderen Gegenständen zu. Nur einmal flammte das Interesse wieder auf, als man plötzlich gewahr wurde, dass der Elektriker neuerdings einen Hund sein Eigen nannte. Es handelte sich um einen Mischling unbestimmbarer Provenienz, dem Vernehmen nach ein weibliches Tier, das nie bellte, seinem Herrchen aufs Wort folgte und aus überaus treu dreinblickenden dunkelbraunen Augen in die Welt schaute.

Nach dieser kurzen Vorgeschichte fokussieren sich Auge und Ohr des Erzählers ganz auf den Mann und seine Hündin. Wir erfahren, wie sich ihr Alltag im Haus am Waldrand gestaltet, wie sie ihre Mahlzeiten miteinander einnehmen, ihren üblichen Geschäften nachgehen und welche seltenen Ereignisse diese Routine unterbrechen: der Besuch eines Kunden etwa oder ein Einkaufsgang auf den Marktplatz des Städtchens. Vor allem aber werden wir Zeugen der angeregten Unterhaltungen, die die Hündin mit ihrem Halter pflegt. Jawohl, in dieser Reihenfolge muss man es wohl sagen, denn es wird bald deutlich, wer der eigentliche Herr, nein: die Herrin im Hause des Elektrikers ist.

Bevor wir noch recht Gelegenheit haben, uns mit der phantastischen Unwahrscheinlichkeit dieser Konstellation abzufinden oder gar anzufreunden, ereignet sich eine Katastrophe. Bei einem nächtlichen Gewitter schlägt ein Blitz in das Haus ein, es gerät in Brand und … (Bis hierher und nicht weiter.)

Unschreibbare Romane II

Sunday, 30. August 2009

Einer der vielen Romane, die ich immer schon mal schreiben wollte, ist jener für das Science-Fiction-Genre von einem Neurologen, der bei der Messung sehr feiner Hirnströme von kürzlich Verstorbenen, die ihm mit einem von ihm entwickelten neuen Mikrosensor gelingt, auf den Gedanken verfällt, dass den vermeintlich entseelten Toten noch etwas Traumartiges durch den Kopf geht.

Vielleicht, so seine Spekulation, gebären die Zersetzungsvorgänge der Hirnrinde ja schreckliche Phantasien, die auffallend jenen albtraumhaften Vorstellungen ähneln, die seit Jahrhunderten mit Fegefeuer und Hölle verbunden werden.

Unser leicht verrückter Wissenschaftler beschließt, begrenzte Bezirke seines Gehirns für Erkundungen solcher Zersetzungsprozesse zu opfern und führt diese im Selbstversuch herbei. Diese waghalsigen Experimente bestätigen scheinbar seine Theorie. Allerdings sind die Schreckensszenen, die er im abgeschlossenen Theater seines Schädels aufführt, von kurzer Dauer.

Eine unangenehme Begleiterscheinung der autodestruktiven Eingriffe ist zudem, dass der Neurologe partiell mentale Ausfälle erleidet. Sein Gedächtnis weist irritierende Lücken auf. Er tut Dinge gegen seinen eigenen Willen. Die Versuchung, in einem finalen Showdown sein verbliebenes Gehirn zu opfern und dadurch letzte Gewissheit zu erlangen, wird unwiderstehlich.

Dann geschieht das Unfassbare … (Bis hierher und nicht weiter.)

Unschreibbare Romane (I)

Friday, 07. August 2009

Einer der vielen Romane, die ich immer schon mal schreiben wollte, ist der von dem Junggesellen Mitte dreißig, der in der Herrenabteilung eines großen Bekleidungshauses einer wenig attraktiven Großstadt arbeitet und sich schon längst ums Leben gebracht hätte, wenn er nicht so antriebslos wäre.

Sein einzig starkes Gefühl, seit er sich erinnern kann, ist ein bodenloser Hass gegen seine Mutter, eine inzwischen pensionierte Lehrerin für Mathematik und Musik. Wann immer er in den letzten Jahren mit einem Mädchen oder einer jungen Frau vertraulich wurde, musste er ihr so bald wie möglich von diesem Hass erzählen, in den schrillsten Farben malte er diesen Hass aus, und stets gipfelten seine Tiraden in Mordphantasien von geradezu lodernder und schwärender Bestialität.

Zwar verhielten sich die Herzensdamen dieses bösen Buben im Einzelnen je nach ihrem Temperament und ihrer Tagesform sehr unterschiedlich, doch in einem Punkt gingen sie konform: Mit diesem armen Irren wollten sie keineswegs noch vertrauter werden, als es ihnen nun durch ein offenbares Missgeschick widerfahren war.

Besonders eindrucksvoll an den dramatischen Darbietungen des unglücklichen Anzugverkäufers wären für seine Zuhörerinnen jene kurzen szenischen Einlagen gewesen, bei denen er gewisse gestische Marotten und sprachliche Ticks seiner Mutter gekonnt imitierte – wenn, ja wenn sie denn das zweifelhafte Vergnügen gehabt hätten, die garstige Frau persönlich kennenzulernen. Dann nämlich hätten sie nicht schlecht gestaunt über das imitatorische Genie ihres Verehrers. So aber mussten sie die affektierten Auftritte und hysterischen Ausbrüche, die er ihnen vorspielte, für alberne und maßlose Übertreibungen halten.

Womit niemand und am wenigsten der Sohn gerechnet hätte, das geschieht. Die überaus agile Alte, die seit Menschengedenken nicht einmal über ein Schnüpfchen geklagt hatte, fällt eines lauen Julitages bei ihrer Morgengymnastik plötzlich tot um. Der Sohn ist wie verwandelt, fühlt sich von einer schweren Last befreit, wird am offenen Grab von einem Lachanfall überwältigt etc. pp. Doch dann bemerkt er, zunächst nur als schwache Ahnung, dann als zunehmenden Verdacht, schließlich als böse Gewissheit, eine unwiderstehliche Veränderung seines Verhaltens: Er übernimmt zwanghaft die Ticks und Marotten seiner Mutter. Diesmal aber spielt er sie nicht, sie mischen sich vielmehr ununterscheidbar in sein ganz alltägliches Auftreten. (Bis hierher und nicht weiter. Wie für alle meine unschreibbaren Romane gibt es auch für diesen keinen sinnvollen Schluss.)