Mond? Planet?

blase7

Im modernen Berufsleben unserer hochdifferenzierten Arbeitswelt ist Spezialisierung der Fachkräfte in jedem Bereich die erste Voraussetzung für deren Erfolg. So auch in den Redaktionen unserer überregionalen Zeitungen. Wer in der Schule gut rechnen konnte und trotzdem lieber schreiben will, wird Wirtschaftsredakteur. Für jene Blindgänger, die überall nur Dreien und Vieren hatten, aber in Sport oder Kunst eine Eins, haben kluge Blattmacher eigens den Sportteil und das Feuilleton eingerichtet. Klassensprecher bekommen die Landespolitik, Schulsprecher was Internationales.

Dann gibt es noch jene immer gut gelaunten Sonnenscheinchen, denen man nicht böse sein kann, obwohl sie eigentlich von nichts eine richtige Ahnung haben, aber wenigstens so tun als ob. Ich nenne sie hier mal die Merkt-ja-doch-keiner-Redakteure. Bevor sie etwas nachschlagen, lassen sie sich lieber totschlagen. Meine Theorie war, dass sie das Alphabet nicht aufsagen können und ihnen darum der Gebrauch von Wörterbüchern und Lexika verwehrt ist. Mit der Erfindung von Online-Enzyklopädien wurde diese Erklärung aber hinfällig, weil man dazu das betreffende Suchwort ja nurmehr in ein Fensterchen eingeben muss. Sollten die für Skandälchen und Fait divers zuständigen Schreibkräfte schlicht und ergreifend faul sein? Natürlich nicht! Sie stehen vielmehr extrem unter Stress, weil hier wie überall radikal Personal abgebaut wurde.

Bei der Süddeutschen heißt die betreffende Seite „Panorama“. (Genau genommen sind es sogar zwei, nämlich die Seiten 9 und 10.) Dort erfahre ich bespielsweise in der täglichen Rubrik „Leute“, dass der 93-jährigen Filmdiva Zsa Zsa Gabor der rechte Unterschenkel oberhalb des Knies amputiert werden musste und dass dem Panikrocker Udo Lindenberg vor dreißig Jahren von einer eifersüchtigen Brasilianerin eine große Schnittwunde am Kopf zugefügt wurde, die er seither unter seinem Markenzeichenhut verbirgt. Oder ich wundere mich über den tagesaktuellen Fall von massenhaftem Vogelsterben, ein Phänomen, mit dem seit Neujahr regelmäßig die Lücken gestopft werden. Das „Panorama“ der SZ könnte man mit Fug und Recht als eine Alljahres-Sauregurken-Zuchtanstalt bezeichnen.

Weil nun aber, siehe oben, die Stammautoren dieses Ressorts die schöne bunte Welt der Abenteuer aus mancherlei Perspektive betrachten, aber durchaus nicht mit verkniffenem Blick, kommen gerade hier die spektakulärsten Fehlschüsse und Rohrkrepierer vor. Heute beispielsweise modelliert Martin Zips mal eben unser Sonnensystem um und lässt den Mond um die Sonne kreisen!

Es geht in seinem Artikel um ein Pin-up-Foto aus dem Playboy, das ein Techniker der Apollo-12-Mission 1969 an Bord des Raketenmoduls Yankee Clipper geschmuggelt hat, genau genommen in den Spind von Commander Richard Gordon, abgeheftet im dort deponierten Ordner „Himmlische Körper“. Und nun schreibt Zips wörtlich: „Dort wurde es von Grordon entdeckt, als dieser gerade dabei war, sehr einsam den Mond zu umrunden. Nur seine zwei Astronauten-Kollegen durften raus auf den Planeten, er nicht.“ (Martin Zips: Himmlische Körper. Wie das Nackt-Model DeDe Lind im November 1969 mit der Astronauten-Mission „Apollo 12“ mal kurz zum Mond flog; in: SZ Nr. 12 v. 17. Januar 2011, S. 10.) – Na ja, was soll man da sagen? Astronomie ist ja nicht mal ein Schulfach.