Rundgang (VII)

Da ich dies schreibe, sind’s noch 6 Tage, 05 Stunden, 02 Minuten und 32 Sekunden bis zu den Kommunalwahlen am kommenden Sonntag. Woher ich das so genau weiß? Von der Website der Freien Wähler – ESSENER BÜRGER BÜNDNIS, wo eine Digitaluhr den Countdown zu dieser Stimmabnahme runterzählt.

Das EBB steht in einer Linie mit ähnlichen Gruppierungen in anderen Revierstädten, die sich vor ein paar Jahren aus Kreisen des bürgerlichen Mittelstands gebildet haben, geeint durch tiefe Unzufriedenheit über den Klüngel der etablierten Parteien und die selbstgefällige Saturiertheit ihrer Lokalmatadore.

Liest man die Programme und Erklärungen solcher selbsternannten „Stachel im Fleisch der etablierten Parteien”, in diesem Falle zum Beispiel das Essener Bürger-Manifest und die Essener Erklärung, dann findet man dort vieles getadelt, das man selbst auch tadeln würde, manches gewünscht, was wohl jeder wünschenswert findet – aber kaum einen Plan, wie und mit welchen Mitteln dieses zu vermeiden und jenes zu erreichen sei. Wenn das EBB bei der letzten Kommunalwahl dennoch einen Achtungserfolg verbuchen konnte, so erklärt sich das vermutlich aus der Ratlosigkeit jener Wähler, die von den traditionellen Parteien enttäuscht sind, aber davor zurückschrecken, den extremen Parteien am rechten oder linken Rand ihre Stimme zu geben.

Welches Potenzial in dieser mit Ratlosigkeit gepaarten Verdrossenheit steckt, das hat zuletzt die Begeisterung für den Politiksatiriker Horst Schlemmer alias Hape Kerkeling gezeigt. Nun will es die Ironie des Schicksals – denn an eine böse Absicht zynischer Werbefuzzis, die sich hier einen Scherz mit ihrem Auftraggeber erlaubt haben, wagt man nicht zu glauben -, dass der Oberbürgermeister-Kandidat des EBB auf den Wahlplakaten aussieht wie eine Satire der Satire. Heute flatterte mir auf der regennassen Rellinghauser Straße ein solches Udo-Bayer-Plakat vor die Füße (s. Titelbild).

Ich weiß ja, man soll als mündiger Bürger seine Wahlentscheidung nicht von Äußerlichkeiten abhängig machen. Aber wer es zulässt, dass ein solches imageschädigendes, mitleiderregendes, das Auge beleidigendes Bild tausendfach am Straßenrand plakatiert wird, dem mag man nicht so recht vertrauen, wenn er ankündigt, er wolle im Falle seiner Wahl das Image dieser Stadt aufbessern. Dies nur in aller Bescheidenheit und um das Mindeste zu sagen.