Gefälligkeit

„Der Betreiber der Website revierflaneur.de ist um Fehlerfreiheit in formaler und inhaltlicher Hinsicht bemüht.” So lautet der erste Satz zur Sorgfalt meiner Texte dieses Weblogs, die ich am 27. Juli 2008 im Impressum versprochen habe.

Welche Mühen sich im Einzelnen aus diesem anspruchsvollen Vorsatz ergeben, das wird der Leser nur ermessen können, wenn er selbst einmal probiert hat, einen in jeder Hinsicht richtigen Text herauszubringen. Vom Buchstabendreher bis zum fehlenden Komma, vom falschen Fall bis zur hässlichen Wiederholung lauern Fehler und Makel in jeder Zeile. Dagegen helfen nur Wachheit und Übung, Sorgfalt und Fleiß – und selbst damit kommt man nicht ins Ziel, denn bekanntlich ist man leider oft blind für die eigenen Versehen. So kann ich mich glücklich schätzen, dass eine ausgezeichnete Korrektorin jeden einzelnen meiner Texte unmittelbar nach der Veröffentlichung auf Herz und Nieren prüft.

Ich habe es aber insofern besonders glücklich getroffen, als diese strenge Gegenleserin mein Geschreibsel nicht nur auf formale Mängel durchsieht, sondern weit darüber hinaus auch ein feines Gespür für mancherlei andere Schwächen hat. – Dafür ein Beispiel aus jüngster Zeit.

In meinem Beitrag AtD VII.10 schrieb ich gestern den Satz: „Zeitweise war ich mir beim Pynchon-Projekt vielleicht wie jemand vorgekommen, der versteckte Anspielungen reihenweise abknallt wie die Karnickel bei der Treibjagd.” Weil ich so selten „Karnickel” schreibe, ganze drei Mal bisher in diesem Weblog, musste ich der letzten Gewissheit zuliebe noch einmal im Duden nachschlagen, ob man nicht etwa „Kanickel” schreibt, ein Zweifel, der so abwegig nicht ist, da man ja auch nicht „Karninchen” schreibt. Meine gute Seele mit dem scharfen Blick und dem noch schärferen Verstand erspähte aber einen ganz anderen Lapsus: „Treibjagd macht man auf Hasen u. a., Kaninchen (im Bau lebend) jagt man mithilfe von abgerichteten Frettchen oder Raubvögeln.” (Ich lasse die „Treibjagd” bewusst im gestrigen Artikel stehen und verlinke von dort auf den heutigen, als kleine Hommage an M. C.)

Ein merkwürdiger Zufall ist, dass letzten Montag mein Freund H. F. gesprächsweise einen ganz ähnlichen Fehler monierte. Im Beitrag Schnee von gestern hatte ich geschrieben: „Mich selbst erinnern sie [meine Blog-Texte] an die Schwimmer beim Angeln, die das Anbeißen der Beute signalisieren sollen. Wenn tief unter der spiegelglatten, friedvollen Wasseroberfläche ein riesiger Raubfisch mit der Nase an den Köder stößt, dann löst er damit bloß ein ganz feines Zucken im treibenden Schwimmer aus, kaum wahrnehmbar.” Zum Angeln von Raubfischen, so mein Freund, setze man keine Schwimmer ein, die kämen nur bei Friedfischen zur Anwendung. Das stimmt zwar und es war mir ebensowenig bekannt wie die Technik der Kaninchenjagd. Aber hier möchte ich doch einwenden, dass ich ja in dieser Metapher gar nicht behauptet habe, Angler, Angel, Schwimmer und Köder hätten es auf den Raubfisch angelegt.

[Titelbild: Wilhelm Busch.]

4 Responses to “Gefälligkeit”

  1. Revierflaneur» Blogarchiv » Freitag, 24. April 2009: AtD VII.10 Says:

    […] Kleine Schritte weg von der Mitte. « Donnerstag, 23. April 2009: Ein Elend Samstag, 25. April 2009: Gefälligkeit […]

  2. Frau Coerdt Says:

    Ich bitte zu bedenken, dass ich aber keinesfalls als Fachfrau für Jagdfragen anzusehen bin, da ich mit dieser Tätigkeit nicht das Mindeste zu tun habe – und nach dem Studium mehrerer Artikel bin ich mir in meiner Aussage über die Treibjagd nicht mehr ganz sicher, da Wildkaninchen durchaus zum Niederwild gerechnet werden, auf das eben auch Treibjagden veranstaltet werden.

    Weiterhin möchte ich darauf hinweisen, dass ich deine Texte mitnichten für Geschreibsel halte; ohne zu sehr auf die Kacke Pauke hauen zu wollen, kann ich dir versichern, dass ich bei Geschreibsel keine Lust hätte, Korrektur zu lesen. Dazu wäre mir meine Zeit denn doch zu schade.

    Und außerdem bin ich so ausgezeichnet nicht, wie du mich hier darstellst: Alleine in dem von dir angeführten Zitat hätte ich schon “mithilfe” besser mit dem Genitiv verwendet. Wie peinlich! Trotzdem vielen Dank für dein Lob, es freut mich natürlich sehr!

  3. Revierflaneur Says:

    Ich wollte statt “Geschreibsel” tatsächlich ursprünglich “Geschriebenes” schreiben, fand dieses Wort dann aber weder im Duden noch im Wahrig und entschied mich so für “Geschreibsel”, ohne damit unbedingt eine Abwertung zu verbinden. “Gekritzel” finde ich auch nicht abwertend, wenn es um Zeichnungen geht. Viele Karikaturisten sind ja ausgesprochene Kritzler – und oft genug als solche geradezu genial.

  4. Günter Landsberger Says:

    “Wir elenden Skribenten” muss als sprachliche Wendung ja auch nicht negativ sein. Der Ton macht die Musik und der substantielle Rang des Autors bringt die Färbung.

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