Archive for April 14th, 2009

Querulanz

Tuesday, 14. April 2009

Manchmal kann ich mich mit etwas partout nicht abfinden. Nachträglich lässt sich meist gar nicht mehr rekonstruieren, was es eigentlich und speziell war, das mir so sehr gegen den Strich ging. Aber wenn es mich wieder einmal erwischt hat, gibt es kein Halten mehr und ich muss so lange auf meinem wirklichen oder vermeintlichen Recht bestehen, bis ich meinen Dickkopf durchgesetzt habe. Das hat mir schon manche Blessuren beschert und zudem viel Zeit und Kraft gekostet. Und dennoch: Wenn es wieder so weit ist, komme ich gegen die Versuchung nicht an. So auch diesmal.

Diesmal hat mich meine Tageszeitung erwischt – oder ich sie, ganz nach Standpunkt. Ich mache es mir hier leicht und zitiere wörtlich die E-Mail, die ich heute an die zuständige Abo-Service-Abteilung geschickt habe:

„Sehr geehrte Damen und Herren, als Abonnent in Essen erhielt ich am Samstag die Süddeutsche Zeitung (Nr. 84) ohne die auf der Titelseite angekündigte Beilage ,Wochenende‘. Ich reklamierte dies bei Ihrem Abonnenten-Service unter Tel. 0180 5455900. Mir wurde die Nachlieferung noch für Samstag fest zugesagt. – Heute, Dienstag, erhielt ich per Bote ein zweites Exemplar, leider wieder ohne den Wochenend-Teil. Nach erneuter Reklamation unter der genannten Nummer erklärte mir ein Herr W., dass leider die komplette Auflage der Oster-SZ in meiner Region ohne den Wochenend-Teil zugestellt worden sei und mir die Beilage auch nicht nachträglich zugestellt werden könne. Er bot mir eine Gutschrift für dieses Exemplar der SZ an.

Das hilft mir nun leider nicht weiter, denn ich benötige den Wochenend-Teil der Nr. 84 unbedingt! Hätte ich bereits am Samstag erfahren, dass er mir über die SZ nicht zur Verfügung gestellt werden kann (wie der übrigens sehr freundliche Herr W. hartnäckig beteuerte), dann hätte ich Freunde in einer anderen Region bitten können, mir ein Exemplar am Kiosk zu besorgen. – Ich vertraue darauf, dass Sie einen Weg finden werden, mir als treuem Abonnenten und Leser Ihrer Zeitung den so dringend benötigten Wochenend-Teil nachträglich doch noch zugänglich zu machen. – Mit freundlichen Grüßen Ihres Manuel Hessling.”

Jetzt bin ich gespannt auf die nächste Episode. Möglich, dass die SZ mir zum Beispiel ersatzweise eine Kompensation anbietet, als Trostpflästerchen für den entgangenen Wochenend-Teil. Vielleicht erhalte ich eins der zahlreichen Präsente aus dem SZ-Shop, etwa „das Notizbuch zum Sammeln eigener Aufzeichnungen und Geistesblüten. Nicht nur für Golfer, sondern für alle – jeden Tag. Hochwertig ausgestattet mit Zeichenband, Einstecktasche und Verschluss.” Will ich aber nicht! Wie ich mich kenne, würde ich es umgehend zurückschicken, versehen mit einer Geistesblüte auf der ersten der 192 Seiten, die sich gewaschen hätte. Aber warten wir’s ab.

Minimixa

Tuesday, 14. April 2009

Papst Benedikt XVI. gibt die Richtung vor und seine Getreuen machen’s nach, wo immer sich eine Gelegenheit bietet. Das festtägliche Ablassen Ärgernis erzeugender Provokationen gehört mittlerweile schon zum postmodernen Ritus der katholischen Kirche. Diesmal war es erneut Bischof Walter Mixa (67), der sich absichtsvoll im Ton vergriff – und prompt sprang die liberale Presse darauf an, und in den Internetforen schäumte der Volkszorn.

Was hat Mixa nun eigentlich gesagt? Die vom Nationalsozialismus und Kommunismus begangenen Massenmorde seien eine unmittelbare Folge des um sich greifenden Atheismus gewesen. Wieder einmal habe ich allen Grund, solch einen offenbar tiefgläubigen Kirchenmann zu beneiden. Wie gemütlich muss er es doch haben, da er sich seine Welt und deren Geschichte mit so schlichten Schwarzweißmalereien zurechtlegen kann.

Leider ist diese neueste Pointierung des klerikalen Standpunkts – nennen wir den Quatsch mal so – kaum zu einer Erwiderung tauglich. Noch wer ihn halbwegs ernst nähme, machte sich so lächerlich wie etwa jene(r) „Tobermory” im Spon-Forum, der/die sich zu dieser Erkenntnis aufschwingt: „Nicht jeder Atheist ist ein potentieller Massenmörder. Umgekehrt ist nicht jeder Katholik ein Widerstandskämpfer.” Wer hätte das gedacht?

In die gleiche unterste Schublade gehört heuer zu Ostern der Protestschrei von Markus Hörwick (52), Sprecher des Fußball-Clubs Bayern München e. V., der etwas gefunden hat. Es war aber kein Osterei, sondern „vielleicht die schlimmste Entgleisung, die es in den deutschen Medien jemals [!] gegeben hat.” Vermutlich kennt Hörwick den Stürmer nicht, sonst müsste ihm die Geschmacklosigkeit seines Superlativs unmittelbar einleuchten.

Mittlerweile sind wir dort angelangt, wo Fußball längst viel mehr als die wichtigste Nebensache und Religion längst viel weniger als die unwichtigste Hauptsache der Welt ist: ganz unten. Schlechte Zeiten für Zeitkritiker.