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Weglasser

Wednesday, 04. June 2008

magersucht

Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich. Vor diesem ersten Satz standen dreiundzwanzig andere. Ihr Schicksal: Sie wurden gestrichen.

Die wahre Prosakunst besteht im Weglassen, schon erst recht in Zeiten des Überflusses, wo auch das Fabulieren an Adipositas erkrankt ist. Und schon wieder haben etliche Haupt- und Nebensätze, die nicht genug Geist hatten, ihren Geist aufgegeben. Weg damit!

Das Geschwätz ist ein Signum unserer auch sonst überlauten Zeitläufte. Wenn die Prosa noch was lernen kann, dann hart am Rande des Schweigens, wo sich immer schon die Lyrik herumtrieb.

Wenn sich ein Einbrecher ertappen lässt, der sich in meiner Bibliothek zu schaffen macht, dann werde ich ihn mit Zettels Traum erschlagen, zu etwas muss das Sumobuch ja schließlich taugen. Das Epitaph auf den vereitelten Dieb aber werde ich nicht in der Tatwaffe, sondern eher in den Sudelbüchern finden. „Ach Gott,“ so fragt Lichtenberg dort, „wo sind unsere philosophischen Geschichtsschreiber? Männer, die tief geprüfte Sachen kurz und stark zu sagen wissen?“

Neben vielen anderen Ehrentiteln wurde Alfred Polgar auch der eines Weglassers umgehängt. Kein Wort zuviel. Eindruck schindet man damit nur bei den Hellhörigsten. Aber es geht ja nicht ums Nahziel geschundener Impression, sondern um den treffendsten Ausdruck. Es geht um Verknappung. Ich bin, nach mancherlei Süchten, der literarischen Anorexia nervosa anheim gefallen.