Archive for May 2nd, 2008

Luxus & Hunger

Friday, 02. May 2008

Ausgerechnet heute kam die Süddeutsche Zeitung, auf die abonniert zu sein ich mir eigentlich nicht mehr leisten kann, um Stunden verspätet. An „Brückentagen“ zwischen einem Feiertag wie gestern und dem Wochenende hat der örtliche Zustelldienst nämlich regelmäßig frei und die Zeitung kommt mit der „normalen“ Post, die unseren Briefkasten erst in der Mittagszeit füttert. Dabei war ich doch diesmal so gespannt auf die Magazin-Beilage, ein Themenheft zur Frage: „Was ist Luxus?“

Im Idealfall sind solche Magazine ja tatsächlich eine Fundgrube für jeden, der sich den Luxus einer vorbehaltlosen Nachdenklichkeit nicht nur leisten, sondern ihn zudem auch noch mit einer an Skrupellosigkeit grenzenden Gelassenheit genießen kann. „Dann schaun wir doch mal, was sie aus diesem Thema machen.“ Das ist regelmäßig die Frage, die nichts kostet, mit keinerlei Risiko verbunden ist. Wenn das Heft enttäuscht, darf man sich an stiller Häme schadlos halten. Und wenn die Redakteure ein inspirierendes Meisterwerk feuilletonistischer Prosa ins Land geschickt haben, dann hat man wieder für ein Weilchen das schlechte Gewissen beruhigt, über seine Verhältnisse zu leben.

Manchmal reicht schon ein einziger Satz in einem solchen Heftchen, um mir den Tag zu versüßen. Heute war es leider nur der halbe Tag, weil das SZ-Magazin ja verspätet eintraf. Der Satz steht auf Seite 10, in der regelmäßigen Kolumne „Das Prinzip“ von Tobias Kniebe. Er wird fälschlicher-, ja böswilligerweise der Pop-Sängerin Mariah Carey zugeschrieben, die ihn aber, das schickt Kniebe ihm voraus, niemals gesagt hat. (Kürzlich hatte ich noch bei SPON gelesen, dass diese „Pop-Rekordhalterin“, die in den USA mehr Nummer-1-Hits als Elvis Presley gelandet und sich, als „Presswurst“ verhöhnt, zur Traumfigur „diätet“ habe, Gerüchten zufolge soeben im „Blitzverfahren“ heiratete – wen auch immer; und wer auch immer diese Mariah Carey sein mag.)

Und jetzt lese ich im SZ-Magazin diesen von Carey niemals gesagten Satz: „Wenn ich den Fernseher anmache und die armen verhungernden Kinder in aller Welt sehe, muss ich hemmunglos weinen. Ich meine, natürlich wäre ich auch gerne so schlank, aber nicht mit den Fliegen und dem Tod und dem ganzen Zeug.“

Kniebe teilt weiterhin mit, dass dieses Zitat, eine satirische Erfindung aus dem Internet, „seinerzeit“ um die Welt gegangen sei und „von Malmö bis Mombasa“ Empörung ausgelöst habe. Das habe ich wohl verpasst, ich kannte den Satz bisher nicht. Er bringt mich aber zu dem vorläufigen Schluss, dass das SZ-Abonnement für mich kein Luxus ist, sondern mich mit einem lebenswichtigen Grundnahrungsmittel versorgt. (Kniebes Thema übrigens, in seiner Rubrik „Das Prinzip“, lautete im heutigen Luxus-Themenheft: „Hunger“.)

Volles Haus

Friday, 02. May 2008

Na, das ist doch sehr erfreulich, wenn nahezu alle angekündigten Gäste zur Literarischen Soiree erscheinen, guter Dinge sind, keine Weingläser umschmeißen, aufmerksam zuhören, an den richtigen Stellen herzhaft lachen und zum Schluss sogar noch applaudieren.

Tatsächlich scheint auch niemand in den immerhin knapp drei Stunden ununterbrochener Vorlesung eingeschlafen zu sein. Und es hat sich auch keiner getraut, vorzeitig aufzubrechen. Die unpeinliche Gelegenheit dazu wollten wir aber auch nicht bieten. Pause gab’s keine.

Das riskante Experiment eines rezitatorischen Duetts – diesmal ist es, im zweiten Anlauf, sichtlich geglückt. Und das schönste, offenbar von ganzem Herzen kommende Kompliment des Abends sagte eine der drei Evas: „Das hat mir sehr gut getan!“ Was will man mehr?

Hätte man den Abend doch photographisch dokumentieren sollen? Oder gar filmisch? Nein, es hat schon seine Richtigkeit, dass seine Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit von keiner Konservierung getrübt wird. Einladung, Programm und Gästebuch müssen reichen.

Vor zehn Jahren hätte ich mir nach einem solchen Erfolg gesagt: ,Das mache ich ab sofort wieder regelmäßig, allmonatlich, wie üblich am Ersten. Auf dass das zweite Hundert voll werde.‘ Aber leider reichen dazu die Kräfte nicht mehr. So muss sich ein altes Haus damit abfinden, nur noch ausnahmsweise ein volles Haus zu haben.