Archive for April 2nd, 2008

Gute Taten

Wednesday, 02. April 2008

Heiliges Pfadfinderehrenwort: Ich beschließe keinen Tag, an dem ich nicht fünf gute Taten vollbracht habe. Das Schreiben dieses Textes ist die vierte. Daran sieht der geschätzte Leser schon, dass ich es in mein alleiniges Ermessen stelle, was ich mir als „gute Tat“ anrechne. Wir heutigen urbanen Flaneure in der Tradition von Walter Benjamin, Franz Hessel und Hans Siemsen sind ja in gewisser Hinsicht eine atheistische Variante der christlichen Pfadfinder.

Die dritte gute Tat des heutigen Tages war, dass ich endlich das versprochene Buchpräsent an die Rätsel-Anna Richtung London auf den Weg brachte: Brigitte Kronauers drei Texte über Tiere unter dem Titel Die Feder des Hyazintharas. Und hinten schrieb ich ihr rein, dass es noch eine andere, vor 60 Jahren erschienene Geschichte über diesen schönen Vogel gibt. Aber von wem und wo, das verrate ich hier nicht. Das weiß in ein paar Tagen allein die Rätsel-Anna.

Die zweite gute Tat war, dass ich mich mit einem Buch beschenkte, mit dem ich einer mir verdächtig werdenden Tendenz gegensteuern will, die nach dem Anschauen des Fitna-Films von Geert Wilders den ewigen Zweifel in meinem Herzen zu verdrängen droht. Wann immer die vorläufige Meinung sich zur Überzeugung verfestigt, schrillen meine Alarmglocken und ich suche nach einem kräftigen Gegenmittel. In diesem Fall war’s Jürgen Todenhöfers Warum tötest du, Zaid?

Die erste gute Tat: Morgenspaziergang mit der Hündin. Aufsuchung entlegener Gebüsche, um ihr die Verrichtung der naturnotwendigen Geschäfte zu ermöglichen und zugleich die anfallenden Hinterlassenschaften nicht zum Ärgernis erregenden Rückstand an fremdem, womöglich feinem Schuhwerk werden zu lassen. Solche Abstecher, den natürlichen Bedürfnissen des Tieres nachfühlend, nehme ich gern auf mich, denn die Alternative, Lola sonst an der Leine führen zu müssen, fände ich menschenunwürdig.

Die fünfte und letzte gute Tat, nach erprobter Manier heidnischer Flaneure, geht aber nun wirklich nur uns zwei etwas an. So intim ist dieses Journal doch auch wieder nicht. (Mal ganz nebenbei gefragt: Bilde ich’s mir nur ein, oder hat dieser Eintrag in mein Web-Tagebuch nicht einen gewissen Tucholsky-Touch?) Honi soit qui mal y pense – und im Übrigen: Gute Nacht!

Besuch in Do

Wednesday, 02. April 2008

Was man an einem solchen Tag bei der Zeitungslektüre lernt? Dass der Aprilscherz im eigentlichen, strengen Sinn eine Neckerei ist, mit der man jemanden mit einem dubiosen, nicht zu erfüllenden Auftrag losschickt. „Hol doch mal beim Krämer ein halbes Pfund Ibidumm!“ Daher ja auch der Ausdruck „jemanden in den April schicken“.

Tage, die so komisch lehrreich beginnen, enden erfahrungsgemäß tragisch dumm. Unter tausend Brücken musste ich fahren, im Bewusstsein, dass neuerdings wieder mal eine Nachahmerwelle, holzklotzbewaffnet, auf arglos hinter Windschutzscheiben in Beifahrersitzen kauernde Opfer zielten. Ich hab’s überlebt, sehr zu meiner Verwunderung.

Nette Leute, schnieke Wohnung, große Bibliothek, gute Gespräche – „ein sympathischer Abend“. Im Nacken hockte mir der Affe, mein Pensum heute, was jetzt schon gestern ist, nicht erfüllen zu können. – Bin ich eigentlich blöd? Wie soll ich schreiben, wenn ich darüber zum Leben keine Zeit mehr finde? (Aber das ist ja bloß wieder die altbekannte Crux.)

Hätte ich doch mal eins dieser gut geputzten, mundgerecht zugeschnittenen Möhrchen probieren sollen? Tempi passati. Mein Gastgeschenk von der Koelbl erwies sich leider als Doublette. Das ist aber doch genau besehen ein Erfolg und kein Missgeschick, wenn man unter Millionen Büchern so punktgenau den Geschmack des Gastgebers trifft, oder?

Immerhin weiß ich jetzt auch, warum das Tagesdatum meines Journals gleich doppelt dasteht, einmal mit Wochentag im Titel und dann noch einmal direkt darunter, mit Datum der Veröffentlichung. Beide können gelegentlich differieren, wie heute. Und aus dieser Differenz lacht der Affe in meinem Nacken und sagt: „Perfekt bist selbst Du nicht!“ – April, April!

[Bernd Berke gewidmet.]