Beutelschneider

Eben klingelte das Telefon. Unterdrückte Rufnummer. Eine seriös klingende Männerstimme teilte mir mit, dies sei eine Automatenmitteilung. Jemand aus meiner Nachbarschaft habe mir eine wichtige Nachricht hinterlassen. Ich möge sie mir doch bitte auf der Website von www.nachbarschaftspost.com anhören. Dazu müsse ich nur die besagte Internetadresse aufrufen und meine ganz persönliche Codenummer eingeben, die der brave Mann mir dann dreimal hintereinander langsam und deutlich zum Mitschreiben vorsagte.

Leider gibt’s offenbar immer noch genug arglose Menschen, die auf solche betrügerischen Bauernfängereien reinfallen. Ein Blick ins Impressum der Firma, die sich diese Abzockerei ausgedacht hat, gibt jedenfalls schon zu denken. Die netsolution FZE residiert in der Sheikh Zayed Road in Dubai. Deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann man entnehmen, dass nach Ablauf der 14-tägigen Widerspruchsfrist für die nächsten zwei Jahre 9,00 € monatlich als Nutzungsgebühr für diese traumhafte Vermittlungsleistung anfallen. („FZE“ steht vermutlich als Abkürzung für „Fleißig zahlende Einfaltspinsel“.)

Es steht zu befürchten, dass wieder einmal etliche brave Leute in die Falle tappen werden und sich von ihrer Neugier in Versuchung führen lassen: „Wer aus meiner Nachbarschaft mag denn wohl auf diesem Weg Kontakt zu mir suchen? Doch nicht etwa die charmante junge Dame von nebenan, die immer so freundlich grüßt, wenn sie ihren Wagen vor meinem Haus parkt?“

Eine solche Illusion, die sich in wenigen Minuten in nichts auflöst, ist mit 216 € dann doch etwas überteuert, so schön sie auch gewesen sein mag. Zu diesem Tarif könnte man zum Beispiel der Nachbarin in den kommenden zwei Jahren etliche opulente Blumensträuße per Fleurop ins Haus schicken lassen.

Übrigens hat die Piratenfirma, die auch unter dem Namen Nachbarschaft24 segelt, den gleichen Trick vor ein paar Monaten schon per E-Mail erfolgreich angewandt. Jetzt also werden die Telefonkunden abgeschöpft. „Hallo! Schön dass du hier bist!“ So wird man auf den Internetseiten dieser Beutelschneider begrüßt. Purer Zynismus, denn deren Freude hat ihren einzigen Grund in ihrem ohne jede erbrachte Leistung täglich wachsenden Kontostand.

8 Responses to “Beutelschneider”

  1. Matta Schimanski Says:

    Hinzu kommt, dass man bei Anmeldung nicht nur anklickt, dass man den AGB (die übrigens schier unlesbar sind) zustimmt, sondern gleichzeitig damit sein Einverständnis gibt, beworben zu werden.

  2. Bernd Berke Says:

    “Leider gibt’s offenbar immer noch genug arglose Menschen, die auf solche betrügerischen Bauernfängereien reinfallen.”

    Hat ja auch der Ede Zimmermann immer schon gesagt.

  3. Waldemar Says:

    Gerade vor ein paar Minuten hat mich ein Bekannter angerufen, dass er wohl zu den “arglosen Menschen” gehört und dort Kommunionsgrüße für seine Tochter erwartet hat. Eine Idee was er jetzt tun sollte um den monatlichen 9€ (denn die hat er wirklich nicht) zu entgehen?

  4. admin Says:

    @Waldemar: Ist denn die 14-tägige Widerspruchsfrist schon verstrichen? Dann könnte es ernst werden. Die junge Dame im Film (siehe roten Link in meinem Beitrag bei “Trick”) versucht es mit der Vogel-Strauß-Methode und zahlt einfach nicht. Es ist ja die Frage, ob die obskure Firma tatsächlich den Weg durch alle Instanzen beschreitet oder bloß mit ein paar Mahnungen droht und dann aufgibt.

  5. Matta Schimanski Says:

    Vorsicht!
    Ich will nicht unken, aber aus eigener leidvoller Erfahrung weiß ich, dass auch gerne mal Inkasso-Unternehmen beauftragt werden. (Es kommt wohl darauf an, auf wie sicherem rechtlichen Boden die Firma steht.) Dann kann es u. U. richtig teuer werden!

  6. ilse trenk Says:

    auch ich habe meinen namen und e-mail-adresse nebst telefonnummer dort angegeben und den allgemeinen geschäftsbedingungen zugestimmt, dann aber die seite wieder verlassen. muss ich jetzt befürchten, eine rechnung zu bekommen? was soll ich tun?

  7. Revierflaneur Says:

    Liebe Frau Trenk, eins muss ich vorausschicken: Ich bin kein Rechtsanwalt und für jeden Ratschlag, den ich Ihnen hier gebe, übernehme ich keinerlei Gewähr – berechne Ihnen allerdings auch kein Honorar.

    Nach oberflächlicher Kenntnis der Sachlage gehe ich davon aus, dass Sie ganz bestimmt eine Rechnung erhalten werden, wenn Sie nicht umgehend tätig werden und Ihre Zustimmung zu den AGB der Firma nachbarschaft24 schriftlich widerrufen. Ein solcher Widerspruch ist natürlich nur innerhalb der 14-tägigen Frist möglich. In Ihrer unangenehmen Lage würde ich diesen Widerruf per Fax (01805 715 888) so schnell wie möglich an die in der “Widerrufsbelehrung” der AGB unter Punkt 4 genannte Adresse abschicken. Es müsste ein kurzer Satz wie dieser ausreichen:

    “Ich widerrufe hiermit meine Anmeldung bei nachbarschaft24 vom … mit sofortiger Wirkung.” Absender und Unterschrift nicht vergessen!

    Dokumentieren Sie Ihre Nachricht unbedingt in einem Fax-Ausdruck mit Übertragungsprotokoll samt Absendedatum, damit Sie im Zweifelsfall beweisen können, fristgerecht widersprochen zu haben. Wenn Sie keinen eigenen Fax-Anschluss haben, nutzen Sie ein Internetcafé in Ihrer Nähe. Die örtlichen Adressen finden Sie in den “Gelben Seiten”.

    Sollten die 14 Tage bereits verstrichen sein, kann ich Ihnen auch keinen besseren Tipp geben, als sich von einem Anwalt beraten zu lassen. Ich drücke Ihnen jedenfalls beide Daumen, dass Sie noch mal mit einem “blauen Auge” davonkommen.

    Es wäre schön und vielleicht für andere Betroffene hilfreich, wenn Sie uns per Kommentar in diesem Thread über Ihre Erfahrungen mit dem Widerspruch berichten würden.

  8. Yvonne Says:

    Hallo, puhhh, da hab ich ja heute nochmal glück gehabt, dass ich nicht auf diese seite ging! Hab wirklich ersthaft geglaubt, dass da was von meinem nachbarn steht, und zwar: das war echt glaubwürdig, weil – hehe, ihr werdet lachen, aber als ich heute in meiner mittagspause nach hause kam, musste ich erstmal meine bude säubern und unter anderem saugte ich auch. Das war mitten in der schönen mittagsruhe … Naja, so wie ich auch saugte, klingelte mein telefon und diese freundliche, seriös wirkende computer-animierte männerstimme teilte mir mit, dass mein nachbar eine wichtige mitteilung für mich hinterlegt hätte, unter code bla-bla. Uui, hab ich nur gedacht, was für einen merkwürdigen nachbarn ich doch habe. Warum schellt er nicht einfach bei mir an und sagt es mir ins gesicht, wenn es ihn stört, dass ich sauge? Ich war echt erschüttert und auch etwas fassungslos. Nun gut, ich nahm es so hin. Fest entschlossen, wenn ich ihn sehe, werd ich ihn zur rede stellen … 🙂 Hehe, zum glück bin ich dann doch noch, bevor das passieren konnte, auf eure seite gestossen. Puhh, das wär ja sonst voll daneben gegangen … hihi – L. G. Yvonne

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